Über uns...

Dieses Blog diente der Vorbereitung einer Inszenierung - hier tauschen sich die Beteiligten über ihre Sichtweise des Stücks, die Ideen zur Inszenierung, die Probleme mit dem Text und anderes mehr aus.

Leider ist dies Inszenierung bis auf weiteres verschoben. Daher hier erstmal nichts neues.

Donnerstag, 1. Februar 2007

Joh. Joach. Eschenburg

Da ich zu faul bin, all den Text händisch zu tippen, habe ich beim Forum von william-shakespeare.de folgende dumme Frage gestellt:

Weiß jemand etwas von einer - oder besser noch - hat jemand eine online Version der Sommernachtstraumübersetzung von Eschenburg? Ich habe die Druckausgabe von 1778 vor mir liegen und auch schon fleißig 1.5 Akte abgetippt - aber vielleicht hat das ja vor mir schon mal jemand gemacht.

Mir wäre auch schon geholfen, wenn ich eine frustriert in die hinterste Ecke der Festplatte verbannte unvollendete Version (so sie denn Akt II enthält) weiter verwenden könnte.

Daraus entspann sich dieser interessante Dialog:
Geschrieben von J.G.
[...]
Ja um Himmelswillen, Allerbester, wie kannst du denn dieses übersehen haben: http://gutenberg.spiegel.de/shakespr/johannis/Druckversion_johannis.htm? Das ist zwar Wielands Übersetzung des Sommernachtstraums unter leicht geändertem Titel, aber im Text nahezu mit Eschenburg identisch.

Außerdem: Die Fassung von 1778, die dir vorliegt und den Namen Eschenburg nennt, ist nicht das Eschenburg'sche Original, sondern der Text des sog. "Mannheimer Shakespear" von Gabriel Eckert, der auf der Eschenburg-Fassung beruht, diese aber "verbessert". Es gab darüber einen langanhaltenden Gelehrtenstreit.
J.



Geschrieben von FitzLade
Nee, den Wieland hab' ich nicht übersehen - sowohl online als auch im Druck vorliegend.
Aber er lässt mir zuviel aus, den ganzen Schluss z.B. (Mit der Bemerkung: * Hier folget im Original noch ein kleiner Feen-Auftritt, wo Puk zuerst mit einem Besem erscheint, um das Haus zuvor auszukehren, Oberon und Titania aber mit ihrem Gefolge dasselbe durchtanzen, und durch einen Gesang einsegnen. Es ist mir unmöglich gewesen, diese Scene, welche ohnehin bloß die Stelle eines Divertissement vertritt, in kleine gereimte Verse zu übersezen; in Prosa aber, oder in einer andern Versart als in kleinen Jamben und Trochäen, würde sie das tändelnde und Feen-mässige gänzlich verlohren haben, das alle ihre Anmuth ausmacht.)

In Akt I, Szene 1 lässt er die Antworten Hermias auf Lysanders Litanei weg (weil er sie nicht mädchenhaft genug findet).
und, und, und, ...

Die Unterschiede sind doch so gross, dass man da nicht einfach so drüber weglesen kann.
Ich könnte natürlich Wieland nehmen und bearbeiten, spart tippen, erfordert aber mehr Konzentration.

Das mit dem Mannheimer Shakespeare war mit entgangen. Hasst du nähere Angaben (ich hab beim schnellen googeln (hier finde ich jetzt passen, dass mein Rechtschreibprüfung mir 'mogeln' anbietet) nur gefunden, dass die 1778 Ausgabe aus Straßburg die von Eckert verbesserte sein soll).

Gruss
Fitzlade



Geschrieben von J.G.
Hallo,

wäre es nicht tatsächlich besser, den Wieland in den Eschenburg hinüberzuschreiben, anstatt mühselig Zeichen für Zeichen den Eschenburg abzuschreiben? Ich würd's nach dem ersten Verfahren machen. Natürlich unterscheiden sich Wieland und Eschenburg, sie sind aber auch streckenweise identisch. Man hat damals ja noch urheberrechts-bedenkenlos stets versucht, einen Konsens-Text herzustellen; auch Eckert hängt diesem Ideal an: "Es gibt nur einen 'richtigen' deutschen Text!". Das Übersetzerideal ändert sich erst ab der Romantik, also ab Schlegel-Tieck.

Zu Gabriel Eckert und dem "Straßburg-Mannheimer Shakespear" die folgende Passage aus "Weltliteratur": "Der sog. 'Mannheimer Shakespeare' ist ein Nachdruck der Eschenburgschen Ausgabe (Zürich 1775-1782) - und ist es auch nicht, auf jeden Fall aber der Gegenstand eines sich lang hinziehenden Gelehrten- und Rechtsstreits. Zunächst hatte man nämlich mit Eschenburg verhandelt, ihm angeboten, die von Gabriel Eckert, einem gründlichen Kenner des Englischen, für nötig befundenen Änderungen mit ihm abzusprechen [...], druckte freilich schon während dieser Verhandlungen die ersten drei Bände unter Eschenburgs Namen nach. (Eschenburg lehnte verständlicherweise ab, der Zürcher Verlag protestierte). Erklärungen und Gegenerklärungen in Zeitschriften, Broschüren, Anmerkungen und Nachworten schlossen sich an. Tatsächlich enthält die Mannheimer Ausgabe außer einigen Verschlimmbesserungen und Ergänzungen viele Berichtigungen von Übersetzungs- und Druckfehlern (die separat voran- oder nachgestellt wurden). Manche dieser Korrekturen hat Eschenburg später sogar stillschweigend übernommen". Die Ausgabe erschien zuerst in Straßburg bei Franz Levrault (das ist Anton von Klein) bis Band 7, danach bis Band 22 in Mannheim. Die Bände 20 und 21 enthalten auch die beiden kurzen, knackigen Streitschriften Gabriel Eckerts gegen Eschenburgs "äußerst fehlerhafte Uebersetzung der Werke Shakspears".- Goed. IV/1,672,10 u. 551,50; Goed. VII,708,1; Veitenheimer 1414; Weltliteratur 146 ff.; Price/Price 922; Price (Engl. Lit. in Deutschland 1500 - 1960) 243.

Wenn du in deinem Exemplar den Verlagsort Zürich hast, dann liegt dir das Eschenburgsche Original vor, andernfalls Eckerts Nachdruck. Ich denke aber, du hast Straßburg drin stehen, es handelt sich wohl also um den ersten Band der Eckert-Ausgabe von 1778. Ich habe die ganze Ausgabe hier. Falls du was brauchst aus den Begleitessays Eckerts oder sonstigen Shakespeare-Text aus dieser Ausgabe, lass es mich wissen, ich mach dir Scans im jpg-Format; dein Exemplar aus der Uni-Bib wirst du wahrscheinlich nicht kopieren dürfen.

J.



Geschrieben von Fitzlade
Ich werd's mal mit dem Ansatz Wieland zu Eschenburg versuchen - vielleicht ist es ja wirklich einfacher.

Und ich hab tatsächlich die Ausgabe Straßburg, bey Franz Levrault &c.
Ist allerdings Eigentum (ich sitz hier als IT-Projektleiter im neu-Elizabethanischen London und hab von daher mit Uni-Bibs nicht mehr viel zu schaffen). Dafür nur Band 1 - es geht primär um die Erstellung eines spielbaren Texts für eine Theaterproduktion (link zum blog - wenn du nichts dagegen hast, würde ich dies hier dort gerne benutzen), philologisches ist daher nur interessant, nicht wirklich wichtig (zumal die vorangestellten Korrekturen nur 3 Stellen im MND erwähnen - für die Korrekturen im Sturm aber 6 Seiten benötigen). Wenn es dir für so profane Zwecke nicht zuviel Mühe ist, würde ich mich über eine gescannte Version des Begleitessays freuen (einsommernachtstraum[at]gmail[dot]com).

Danke für den Input
Fitzlade (Markus)