Über uns...

Dieses Blog diente der Vorbereitung einer Inszenierung - hier tauschen sich die Beteiligten über ihre Sichtweise des Stücks, die Ideen zur Inszenierung, die Probleme mit dem Text und anderes mehr aus.

Leider ist dies Inszenierung bis auf weiteres verschoben. Daher hier erstmal nichts neues.

Sonntag, 31. Dezember 2006

Probleme

Damit du nicht den Eindruck gewinnst, ich hätte schon alles durchdacht und entschieden - ein paar Probleme hab' ich schon noch mit meinem Inszenierungsansatz:


Puck


Zettels Traum wird von Puck inszeniert. Puck ist daher von Anfang an auf der Bühne - er führt Zettel ja auch die 1. Hofszene vor (und ist vielleicht sogar als Egeus selbst dabei). Er kennt daher Hermia, Lysander, Demetrius. Warum also verwechselt er dann die Paare und verzaubert den falschen?
Oberon wirft Puck ja später vor, die Verwirrung absichtlich gestiftet zu haben. Das ist also seinem Charakter nicht fremd - evtl. liegt da die Lösung: Puck verwirrt tatsächlich mit Absicht, beteuert aber immer wieder treuherzig seine Unschuld.


Titania


Ist ja schon angesprochen: Wenn Verwandlung wechsel der Ebenen bedeutet und das durch "Wechsel der Kostüme" angedeutet wird (siehe das Posting zum Ausziehen als Metapher für Verwandlung) - wie wird dann Titania verwandelt.
Vielleicht kann Titania ihrer Elfen(=Freiheits)-Attribute beraubt werden. Sie ist dann auch fast ganz in Weiß und wird somit zur Traumgestalt degradiert.


Handwerker


Ich seh' noch nicht ganz klar, wie die Einleitung zum Traum textlich aussieht (hab allerdings auch noch nicht explizit an dem Problem gearbeitet). Ganze vage, vorläufige Idee:
Wir starten mit der ersten Handwerkerszene (I.4 im Eschenburg), streichen aber möglichst alle Verweise auf Herzog und Hochzeit. Die Handwerker gehen ab, nur Zettel bleibt da, und fängt an zu sinnieren. Den Text klauen wir aus IV.4 (Wo eigentlich ja die anderen Handwerker träumen, wie es denn wäre, könnte man vor dem Herzog spielen). Puck greift ein, und fängt an, den Hof etc. vorzuführen - und Zettel bleibt die ganze Zeit, d.h. bis zur nächsten Handwerkerszene (III.1) und seiner Verwandlung (III.2) auf/neben der Bühne und schaut dem Traum quasi von außen zu.
Kann man das so spielen? Kommt das rüber?

Doppelt Leben

Nun also doch noch ein paar Gedanken zu den gefürchteten Doppelrollen (oder doch Doppelbesetzungen - obwohl da denk ich immer an zwei Schauspieler für eine Rolle):


Wenn dopppeln, dann innerhalb des bisher vorausgesetzten Konzeptes (auch wenn du's noch nicht gekauft hast). Das impliziert, dass die Handwerker außerhalb des "Bühnentraums" agieren - keiner von diesen kann daher so ohne weiteres in der Hof-/Liebhaberwelt wieder auftauchen. Und als Elfen, die ja quasi den Gegenpol bilden, schon mal gar nicht.


Für die Personen auf der "Traumbühne" liegt der Fall ein wenig anders. Das Geschehen dort wird durch zwei Faktoren bestimmt: Zettels Traum / Wunschbilder / Cliches auf der einen, Pucks Gestaltung / Regie auf der anderen Seite. Puck kann daher ohne weiteres sowohl Philostrat als auch den Egeus geben - beide Rollen haben ja nur die Funktion, Handlung einzuleiten - etwas das Puck als Zettels Traumzeremonienmeister ja ohnehin tut. Er muss dazu noch nicht mal von der Bühne - das ein oder andere Erkennungsmerkmal - Mantel Bart, &c. - reicht aus.


Die klassischen Paarungen Theseus/Oberon und Hippolita/Titania funktionieren zur Not: Der Traum könnte ja nicht nur von Puck inszeniert sondern von den Elfen selbst auch gespielt werden. Die sind da zwar ein wenig schizophren - da sie in ihrem Streit z.B. ja auf Motive Bezug nehmen von denen sie wissen sollten, dass sie sie selbst gerade gespielt haben. Nee, Überzeugt mich noch nicht so ganz. Aber wenn's denn gar nicht anders zu besetzen ist. In dieser Konstruktionen könnten die Liebhaber auch von den 4 kleine Elflein gegeben werden.




Wirklich uneingeschränkt kann ich nur die Puck/Philostrat/Egeus Schiene vorschlagen. Die finde ich sogar nach längerem Nachdenken gut genug, sie selbst ohne Besetzungsschwierigkeiten einbauen zu wollen.

Donnerstag, 28. Dezember 2006

Feasibility

Nun konkreter zur Machbarkeit: Zwei Probleme hattest du angesprochen - Besetzung und zeitlicher Aufwand.


Besetzung: Hatten wir kurz schon besprochen. Du hattest ja deine Liste der Aktiven versehentlich in der für mich bestimmten Tasche gelassen - und ich zähle nun 40 Namen. Sicher, nicht alle verfügbar oder geeignet, aber ein guter Start. (Und wie bereits erwähnt deutlich besser als '89, da hatten wir keinen, als wir anfingen). Zusätzliche Optionen die du hast: reaktiviere die Reservisten - Karsten, Thorsten, Tim, etc. - fragen kostet nichts. Rekrutiere neue Schauspieler - geh' aktiv in die Theatergruppen der Schulen in Wedel, Rissen, Uetersen, Blankenese und lade zu einem offiziellen Vorsprechen ein. Mach da 'ne Show draus, richtiges Theater. Und als ersten Preis gibt's die Rolle der Hermia und die des Lysanders (und als Trostpreise Thisbe, Elfen, etc.).
Und wenn denn alle Stricke reissen, dann lass uns nochmal über die gefürchteten Doppelrollen reden.

Zeitlicher Aufwand: Zunächst ein englisches Sprichwort zu dem Thema "Procrastination is the thief of time". Wenn du natürlich wochenlang zauderst, musst du dich nicht wundern, dass die Zeit knapp wird, gell. Aber wozu hat man denn einen Dramaturgen der im richtigen Leben 'Senior Projectmanager' ist :).
Die Premiere planst du zum 2. September - und das wird wohl schwierig. Schulferien in SH enden am 25.8, die in HH am 22. - also Urlaubssperre für alle Beteiligten - bei 21 Mitwirkenden schwer (aber solltest du versuchen). Dieses Problem hast du aber für jedes Stück - wenn's nicht grade ein Zweipersoneneinakter ist.
Alternative: Du spielst das Ding vor den Sommerferien (Start in SH am 16.7, in HH am 12.7), also im Juni 2007 (passt auch besser zum Stück) und hast zu den Theatertagen eine Wiederaufnahme. Jetzt wird's schon kritischer. Let's say Permiere ist am 1.6.2007, dann bleiben uns noch 5 Monate zur Vorbereitung. Reine Probenzeit kannst du sicher besser einschätzen, aber ich geh' jetzt mal von 14 Wochen aus (die nicht ausreichenden 7 Wochen vom Christie gedoppelt). Das sind 3 Monate, sagen wir - for good measure - 3 1/2: Probenbeginn ist also der 19. Februar. Bis dahin brauchen wir:

  • Vorläufige Strichfassung
  • Grobkonzept für Rollen und Szenen
  • Besetzung
alles andere (Feinkonzept, Bühnenbild, Kostüme, Musik, ...) wird parallel erarbeitet. Bleiben uns 6 Wochen - also denn man ran...

Sonntag, 24. Dezember 2006

Irgendwie muss man sich ja beschäftigen...

...und hier passiert ja auch in letzter Zeit fast nichts. Bleibt also nur Text.
Ich komm immer mehr zur Überzeugung, Eschenburg ist die richtige Wahl. Wie ja bereits dargelegt, sind eigentlich nur Fried und J.J. in der engeren Wahl - und wenn ich nur nach 'inherent qualities' urteilen würde, die Wahl müsste auf Fried fallen: besseres Textverständnis (und bessere Textverständlichkeit), besseres Deutsch, sicherere Verse.

Aber: Mir gefällt am Eschenburg (ähnlich wie ursprünglich am Schlegel) die Distanz, die der Text schafft. Da Stück ist dreivierhundertundeinbischen Jahre alt - das darf man dem Text gerne auch anhören.

Und 10% der Abendeinnahmen 'is not to be sneezed at'.

Und schlussendlich: mir wächst dieses Onlineprojekt 'Sommernachtstraumblog' ans Herz (auch wenn z. Zt. keiner liest) - mit einem Copyright-freien Text wird das vollständiger und runder.

Johann Joachim Eschenburg also. Ich hab einen neuen Arbeitstext angefangen, vielleicht magst ja mit tippen. Ich werde mich zunächst auf die Akte I, III und V beschränken, du kannst II und IV in Angriff nehmen. (Zunächst mal nur den Text, ohne extra Spalten für Kommentare u.ä. - nach getaner Arbeit können wir den dann auch Projekt Gutenberg spenden)

Samstag, 16. Dezember 2006

Metamorphosen

Aus dem Kokon kommt ein tiefes Seufzen, offenbar hat sie wieder Substanz genug zu atmen. Irgendwo wird wohl gerade der Sommernachtstraum gespielt – dieses verfluchte Stück, das sie überhaupt erst in diese Lage gebracht hat. Ohne dieses Stück, ohne das Theater wäre sie jetzt nur noch ein vergessenes Wispern in einem dunklen Dickicht in einem immer kleiner werdenden Wald – aber der Kobold wusste es wie immer besser.
Es waren natürlich die Namen: Spinnweb, Motte, Senfsamen und Erbsenblüte. Lächerlich. Senf und Blüte hatten von Anfang an keine Chance. Zu floral – und hier gab’s nicht Licht, Wasser, Erde. Beide sind jetzt schon seit hundert Jahren in ihren Kokons.
Was sollte ich auch gross machen, spinnen und weben war das einzige. Aber das hat man davon, wenn man einem Landei versucht über die Natur der Elfen zu sprechen. Das Wachsende, Blühende, Brennende, Lichte; das Hüllende, Fangende, Wehende, Zarte: Insekten und Pflanzen. Bah.
‚Spinnweb’ – sie kommt wieder zu sich – ‚Ja, was ist’
‚Da ist ein Licht’
‚Sie spielen wieder dieses Stück’
‚Nein, anders’
Sie deliriert; das ist das Gift. Motte galt immer schon als Schädling im Theater- die wertvollen Kostüme und all das. Solange es bei Lavendelkissen bliebt, hatten wir sogar unseren Spass daran – ich wob die Blüten in Kränze, die sie mir zu gefallen trug. Aber seit sie dieses Naphthalin haben, geht’s zuende.
Diesmal ist das Ende schlimmer als vor 300, 400 Jahren. Vergessen werden und verwehen ist schmerzlos. Langsam verblassen, weil keiner mehr glaubt, Angst hat, einen Bogen um Feenkreise geht – man dämmert so weg, schläft. Vielleicht träumt man auch – nein, das kam später, so haben wir damals noch nicht gedacht – aber Gift, die Zerstörung der physischen Form.
Der Kobold hat uns damals gerettet. Er hatte einem jungen Autor von uns erzählt – ihm vorgeschwärmt von den Geschichten, den Tricks, den Abenteuern – seinen Geschichten, Tricks, Abenteuern. Uns gab’s als Dreingabe, das Kroppzeug, das Gefolge der Königin. Und er ist ja auch fein raus – als einziger kann er sich frei in der Welt bewegen. Selbst den König und die Königin existieren nur noch im Theater. Sind aber Hauptrollen – die haben die Bewunderung des Publikums aufgesogen wie ein Schwamm, halten sich jetzt für Theatergötter. Und der Kobold hat sogar seinen eigenen neuen Aberglauben – nicht pfeifen auf der Bühne, nicht essen, nicht mit Strassenkleidung über die Bühne – Angeber.
‚Spinnweb, du musst mir helfen. Ich kann das Licht nicht finden’ – ‚Ich bin gleich bei dir’
Vielleicht hilft’s ja. Uns gibt es auf allen Bühnen, jedes Publiklum kennt die Elfen des Sommernachtstraums. Unsere Welt ist nicht mehr der Wald, die Natur – wir leben in einem riesigen Theater. Das Echo aller Bühnen dieser Welt hallt hier auf unserem Dachboden wieder.
‚Ja Motte, was ist?’ – ‚Da ist ein Licht – wir müssen dahin’
‚Das ist doch nur wieder die alte Leier’ – ‚Nein, sieh doch. Das ist eine neues Stück. Und sie haben eine Elfe mit Flügeln. Siehst du das Licht?’ – ‚Ja’
Und wie es schien. Es zog uns an wie – ja – wie das Licht die Motten. In einem Theater in London. Hunderte Kinder – es war der Tag nach Weihnachten – staunend und wie gebannt von dem was sie sahen. Und die Elfe starb – und der Junge, der mit ihr durch die Welt flog, fleht die Zuschauer an: „Wenn ihr alle ganz fest an Elfen glaubt, kommt sie vielleicht zurück. Glaubt ihr an Elfen?“ Und erst langsam, dann immer lauter rufen, schreien, brüllen hunderte von Kindern – „Wir glauben an Elfen“.
Es schleudert uns auf unserem Dachboden zurück. Mottes Kokon glüht, sie reflektiert das Licht, all den Glauben. Immer heller scheint es, es verzehrt die Hülle; blendet mich. Da steht sie – licht, zart, zerbrechlich. Sie ist wunderschön.
Ein Geräusch, ich drehe mich um: ‚Ach du bist es, willkommen Kobold’
‚Peter – heute bin ich Peter’

Fitzlade, Dezember 2006

Mittwoch, 13. Dezember 2006

All die kleinen Dinge...

...die gestern so beim Bier besprochen wurden, verdienen es, festgehalten zu werden. Ich versuch mal, mich zu erinneren:


  • Besetzung
    21 Sprechrollen sind nicht leicht zu besetzen - aber kritisch sind eigentlich nur 6 der Rollen:

    • Die vier Liebhaber

    • Zettel

    • Puck


    Theseus, Hipployta, Oberon, Titania sind eh sehr vom Text festgelegt, Kandidaten für Handwerker hast du genug und die kleinen Elflein werden sich schon finden.
    Kurzes Brainstorming ergab zumidest eine realistische Variante - ich bin sicher, dass du noch mehr finden wirst.

  • Motivation
    Ja, du wirst fast alle deine Aktiven brauchen und ja, manche werden direkt vorher und direkt nachher in anderen Stücken spielen. Aber sie spielen ja alle gerne, und für etwas wie den Sommenachtstraum werden sich Theaterbesessene schnell begeistern - go out and sell it.

  • Derzeitiges Grobkonzept
    Ist natürlich von meinen Theaterheroen beeinflusst. Und wir sind nicht das Thalia, oder Wilson oder die RSC oder so - so cum grano salis.

    • Die Elfen sind keine Natur- sondern Theatergeister. Ich verwies - vielleich unfairerweise - auf dein Lieblingsbuch, aber so wie Matt Ruff die Elfen in Universitätsgeister umwidmet, so ungefähr - und wir können dann gerne die Naturkatastrophenrede kürzen oder streichen.

    • Die Stilisierung der Ebenen dient auch der Identifikation von Traum vs. Realität. Daher vielleicht z. Zt. etwas arg expressionistisch (und natürlich viel Wilson).

    • Das Ausziehen hebt diese Zuordnung auf - hat aber noch andere, starke Konnotationen: Beraubt den Verzauberten seiner äusseren Identität, macht hilflos, verwundbar, verschämt - und hat natürlich auch eine erotische Komponente.

    • Problematisch bleibt dabei die Verwandlung Titanias - müssen wir noch dran arbeiten.


  • Kleine Ideen
    • Zettels Lektüre ist sowas wie Das Goldene Blatt. Titelbild Theseus & Hippolyta, Schlagzeile: Fürstenhochzeit des Jahres(hunderts, zehnts, whatevah), unten ein Kasten mit "Krise bei Demetrius und Helena - Hat er eine Neue?", hinten Hermia & Lysander als Unterwäschemodells.

    • Theseus ist nach dem hannoveraner Kasper modeliert

    • Thisbe steht - nachdem sie ihren Mantel verliert - auch in Unterwäsche da - und das macht ja was mit unseren Figuren: In diesem Fall, so auf sich selbst gestellt, wird's Schauspiel

    • Zettels Aufwachmonolog wird an das Ende verlegt und mit Pucks Schlussmonolog gemischt

Freitag, 8. Dezember 2006

Putting Things Into Perpective

In 'Kleine Dankbare Geste' fragtest du

Verschaffen wir damit Zettel ein unangemessenes Gewicht?

Das kann man verallgemeinern und fragen
Welche möglichen Gewichtungen sind angemessen?

Hier der Versuch eines Vergleichs:

  • Der Hof

    Das Stück aus der Sicht Theseus' und Hipploytas? War mir erst gar nicht mal so sicher, ob und wie das gehen soll, die haben doch nur am Anfang und am Ende ein paar Szenen. Only serves to show...


    Wenn man den Sommernachtstraum nämlich anlässlich einer Fürstenhochzeit aufführt, ist das fast die einzig mögliche Sichtweise. Theseus und Hipployta vertreten das Hochzeitspaar, repräsentieren das Ideal. Oberon und Titania repräsentieren auch das Hochzeitspaar - und besonders der Ehestreit wird den schon länger verheirateten Paaren die Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit selbst in einer 'guten' Ehe vorgeführt haben. Die Liebhaber führen 'Verirrungen' in unterschiedlichsten Graden der Romantisierung vor, die Elfen das ungezügelte Lustprinzip, der Esel das animalische und, und, und... Pyramus & Thisbe spiegeln satirisch sowohl die Lysander und Hermia als auch die Theateraufführung an sich


    All das Zeug, das man halt im Studium und Büchern dargelegt bekommt. Und wenn du einen heiratswilligen Fürsten - oder doch zumindest einen Bürgermeister oder so - auftreiben kannst, werden wir das auch in die engere Wahl ziehen.



  • Die Liebhaber
    Die Liebe bei Shakespeare: Ein Spiel des Zufalls, der Einbildung und der Illusion.
    kulturkurier

    Hier scheinen die meisten modernen Bearbeitungen anzusetzen - Was bestimmt, wen wir lieben? Ist wirklich alles so rational wie wir beteuern? Wie leicht verliere ich was ich sicher geglaubt habe?


    Wenn es um die Aussage des Stückes geht, dann müssen die vier Liebhaber zwangsläufig centre stage sein. Theseus und Hipployta sind dann das rational Prinzip, die Elfen das Irrationale und unsere Lover hin- und hergerissen. Es sind die Männer, die diesem Spiel ausgeliefert sind - beide Mädchen bleiben bei ihrer ursprünglichen Wahl. Hier kann man versuche, die Aussagen aus der 'Club-Dialektik' Interpretation umzusetzen - ich finde allerdings immer noch, das diese zu theoretisch und bühnenfremd sind. Ausnahme ist vielleicht die Charakterisierung des Beziehung Demetrius' zu Helena.


    Die Handwerker sind in dieser Variante hauptsächlich comic relief, Pyramus und Thisbe verliert den Charakter eines Kommentars zur Handlung - dort findet die irrational / hormonelle Verwirrung ja nicht statt.



  • Die Elfen

    Interessant fand ich den im Boston Globe erwähnten Ansatz

    Oberon, who moves from Strindbergian jealousy and misogyny to a sensual but tender lover by play's end.

    Ich kann nicht ganz sehen, an welcher Stelle diese Verwandlung denn einsetzen sollte - Oberon bleibt bis zur Entzauberung Zettels ein intriganter Manipulator, danach tritt er nur noch einmal - zur Segnung des Brautbetts - auf. Vielleicht ja im Off?


    Ich denke, die tragische Gestalt bei den Elfen ist Puck - Klassenkasper, Zauberlehrling, Männerfreund, all sowas halt - hatten wir aber schon mal, gell.



  • Die Handwerker

    Die ewigen Underdogs. Rustics, Clowns, Rabble. Ich denke, gerade das macht den Zettels Traum Ansatz so interessant:
    Wie sieht ein Stück, das von den Reichen, Mächtigen und Schönen handelt aus Sicht des 'abgeschmacktesten der Tölpel' aus? Was ist Zerrbild, was Wunschtraum?
    Ist es wirklich vermessen zu träumen, dass wenigstens einmal jemand wirklich wichtiges ein anerkennendes 'Er soll nochmal brüllen' äußert?




Natürlich sind das hier die Extreme - jede dieser Sichtweisen wird sich schon von selber - durch die Dynamik des Stücks, die Interessen der Schauspieler, der Notwendigkeit Abwechslung und Spannung aufrecht zu halten usw. - Geltung verschaffen.
Aber ein klein wenig Einfluss haben wir schon - und den sollten wir auch nutzen...

Mittwoch, 6. Dezember 2006

A Case In Point...

Nun, wo für zumindest einige Szenen alle Varianten zur Verfügung stehen, der Versuch eines Anfangs eines Systemathischen Vergleichs - oder auch: wild gewürfelte Anmerkungen zu Shakespeare Übersetzungen:
Ich beschränke mich auf die Liebhaber:

Akt 1:
LYSANDER
Or, if there were a sympathy in choice


Das Problem hier ist 'sympathy': das Online Etymology Dictionary definiert:

sympathy

1579, "affinity between certain things," from M.Fr. sympathie, from L.L. sympathia "community of feeling, sympathy," from Gk. sympatheia, from sympathes "having a fellow feeling, affected by like feelings," from syn- "together" + pathos "feeling" (see pathos).
In Eng., almost a magical notion at first; e.g. in ref. to medicines that heal wounds
when applied to a cloth stained with blood from the wound. Meaning "conformity
of feelings" is from 1596; sense of "fellow feeling" is first attested 1662.
Sympathize "to have fellow-feeling" is recorded from 1605. Sympathetic "sharing
the feelings of another" is from 1718.

Shakespeare verwendet also ein neues Wort für Übereinstimmung, und er nutzt es für Übereinstimmung der Gefühle (von 1596, wohl kein Zufall, gell). Die Bedeutung Mitgefühl kommt erst viel später. Mit dem deutschen Sympathie hat das alles wenig zu tun. Und nun unsere Übersetzer:

  • Wieland
    ...und wenn ja die Wahl
    Der Liebenden durch ihre Sympathie
    Beglükt zu seyn versprach, so stellte sich

    Sympathie also zwischen den Liebenden...

  • Eschenburg
    Wenn ja den Liebenden die Sympathie
    Ein bessres Glück versprach, so stellte sich

    Sympathie zwischen was? Scheint ein unpersönliches Konzept, sowas wie eine Glückgötting vielleicht, zu sein

  • Schlegel
    Und war auch Sympathie in ihrer Wahl,
    So stürmte Krieg, Tod, Krankheit auf sie ein

    Im deutschen Sprachverständnis ist immer Sympathie in der Wahl von Liebenden - man verliebt sich nunmal nicht in jemand unsymphatischen

  • Rothe
    Ja, überall wo zwei verwandte Seelen
    sich für einander heiß entschieden hatten,

    Triftt den Sinn vielleicht besser - aber woher hat er denn jetzt die Seelen? Oder 'heiß entschieden'? Liest der ein anderes Stück?

  • Fried
    Oder wenn schon die Wahl der Liebe stimmte,
    Bingo - trifft die Bedeutung des Originals am besten und passt zum vorangegangenen Text.


Ich glaub, das dauert so zu lange. Worauf ich (offensichtlich) hinaus will: Fried ist des Englischen mächtiger als die anderen Kandidaten, dichtet besser als zumindest Rothe und Wieland, ist nicht so unverständlich wie Schlegel und biedert sich nicht so an wie Rothe. Ich schlage vor, wie beschränken unsere Wahl auf Fried und Eschenburg.