Über uns...

Dieses Blog diente der Vorbereitung einer Inszenierung - hier tauschen sich die Beteiligten über ihre Sichtweise des Stücks, die Ideen zur Inszenierung, die Probleme mit dem Text und anderes mehr aus.

Leider ist dies Inszenierung bis auf weiteres verschoben. Daher hier erstmal nichts neues.

Mittwoch, 15. November 2006

Kleine dankbare Geste

Oh, es gibt eine Kategorie für meine hilflosen Machtworte! Wenn Du weiterhin so ein Tempo vorlegst, werde ich die wohl häufiger einsetzen ...
Leider kann ich es nicht verhindern, auch abseits jedweder Tastatur nachzudenken, und da meldete sich ein kleines Unwohlsein bezüglich unseres Traum-Ansatzes. Verkehren wir damit die Aussage des Stückes ins Gegenteil? Verschaffen wir damit Zettel ein unangemessenes Gewicht?

Ja, die Nachfrage, was denn bitteschön die Aussage des Stückes sei, muss ich wohl als legitim erachten, allein: dies sagt sich nicht in einem Posting. Nähern wir uns dem doch mal nach Art der breiverliebten Katze...

Mir läge der Aspekt "Herrschaft" schon sehr am Herzen. Von I.1 bis I.5 wird uns prächtig die Athener Herrschaftspyramide vorgestellt. Mit der hübschen Nebengeschichte, dass Demetrius offenbar in die nächsthöhere Stufe eingeladen wird (bekäme mit Oberons Interesse an Demetrius eine hübsche Parallele). Unter dem Aspekt Patriarchat-Matriarchat fängt es in dieser Pyramide heftig an zu knirschen, kommt dann aber auch das Thema Sex hinein.

The-Hip: er hat sie im Kampf besiegt, sie wird heftig unter die Knute gestellt, sträubt sich aber noch. Vgl. die Anmerkungen Ende I.2 - The: "überhäuft mit eignen Sorgen"! Die Hochzeit soll den Kampf beenden (Parallele zum Kampf Obe-Tit: hier werden nur ein paar Staatsgeschäfte vernachlässigt, dort geht es gleich mit der ganzen Natur drunter und drüber). Dieses kämpferische aber bedeutet auch sexuelle Attraktion, wie uns im Verlauf des Stückes gezeigt wird.

Egeus ist wie Theseus komplett im Patriarchat daheim. Frauen stehen dem männlichen Willen zur Verfügung. Der Vater herrscht absolut über seine Tochter und gibt diese Rechte an den Ehemann ab.

Helena hat diese Rollenverteilung komplett akzeptiert. Aber eben weil sie dem Demetrius bedingungslos gehorcht, verliert dieser das Interesse an ihr. Bei Helena ist spannend, dass sie sich dieses Dilemmas sehr bewusst ist. Das macht sie zu einem sehr modernen Menschen, der in Zwängen gefangen ist aber irgendwie (sic) nicht auszubrechen vermag.

Hermia lehnt sich gegen die patriarchalen Strukturen auf, will selbst ihr Schicksal bestimmen, will selbst über ihre Sexualität bestimmen (logisch daher ihre Haltung in I.13 - "liege nicht so nah").

Mit den Handwerkern haben wir die Basis der Pyramide erreicht (und Nick Bottom bezieht sich sicher nicht nur auf ein Weberschiffchen).

Zwischen Oberon und Titania gibt es ebenfalls einen Kampf (ist das ein klassischer Elternkonflikt? Du verweichlichst ihn zu sehr vs. Du fasst ihn zu hart an?) Gelten hier andere Spielregeln als in der strikt patriarchalisch durchorganisierten Pyramide? Alternativmodell?

... das sind so Gedanken, die mich gerade umtreiben beim MND ... nicht zuende gedacht, aber vielleicht könnte etwas spannendes daraus werden? Und, um zum Anfang des Postings zurückzukommen: ich frage mich, ob dieses spannende Geflecht zerstört wird, wenn wir Zettel zu sehr in den Vordergrund holen, wenn wir ihn aus der Pyramide herauslösen.

Beachtenswert dabei noch eines: diese Problematik scheint Shakespeare damals sehr umgetrieben zu haben - um diesen Dreh herum schrieb er ja Romeo&Juliet (was ja in der Pyramus-Szene verwurstelt ist): mit einer solchen Grundkonstellation kann ein Stück eigentlich nur mit dem Tod der (widerspenstigen) Liebenden enden. Der MND endet mit der glücklichen Hochzeit ...
Auf dieser Hochzeit wird ausgerechnet das "richtige" Drama vorgeführt. (bekommt fast etwas von doppelter Verneinung)

1 comments:

FitzLade hat gesagt…

Ja, wir verschaffen Zettel damit 'unangemessenes' Gewicht. Die ganze Idee basiert darauf, dass wir Zettels Traum aufwerten, dem 'S mmernachtstraum' gleichsetzen. Und damit werden er und Puck - als der 'Sandmann' (kennst du eigentlich die gleichnamigen graphic novels von Neil Gaiman? Solltest du mal reinschauen, esp. Band 3 'Dream Country' Kapitel 3 - wenn du's nicht findest, bringe ich das das naechste mal mit.. zurueck zum Hauptsatz:) - die zentralen Figuren.
Die Aussage des Stuecks relativiert sich dadurch: Nicht mehr Herrschaft sondern Zettels Idee von Herrschaft (durchaus zeitgemaess mit der Diskrepanz aus Politikverdrosssenheit und Vertrauensverlust (die da oben) auf der einen aber ueberkitschige Koenigs/Prinzen/Prinzessinen Yellow Press auf der anderen Seite); nicht mehr die Rolle der Frau sondern Zettels Phantasien, wieder getriggert durch seine Lektuere.

Wir naehern uns langsam der grundlegenden Frage: Warum machen wir dieses Stueck? Ich vertrete hier die phantastische/surreale/bildhafte Herangehensweise - was scheren mich die Aussagen, die den ollen Shakespeare schion umgetrieben haben :)