Über uns...

Dieses Blog diente der Vorbereitung einer Inszenierung - hier tauschen sich die Beteiligten über ihre Sichtweise des Stücks, die Ideen zur Inszenierung, die Probleme mit dem Text und anderes mehr aus.

Leider ist dies Inszenierung bis auf weiteres verschoben. Daher hier erstmal nichts neues.

Freitag, 5. Januar 2007

Gebt Ihr Ein Stück...

Ich will hier nochmal meinen minimalistischen Interpretationsansatz - im Gegensatz zu dem bei dir durchblinkenden allumfassenden, der selbst dem armen Philostrat noch eine Rolleninterpretation verpasst - verteidigen.

Ich sehe drei Personen im Fokus:

  • Zettel
    Der Träumer - überschätzt sein mäßiges Talent, sieht sich schon als Gewinner der zu Theseus' Hochzeit angesetzten Talentshow "Athen sucht den Superstar", und träumt sich immer weiter in diese Scheinwelt: Er kann jede Frau - sogar die Elfenkönigin - haben, mindestens 4 Leibdiener kümmern sich um sein Wohl, er wird vom Herzog und seinen Idolen Hermia &c. gefeiert.
    Trotzdem eher liebenswert und hilfsbereit. Seine Mitspieler schätzen seine Einfälle, seine Opferbereitschaft und anerkennen neidlos sein relativ grösseres Talent.

  • Puck
    Der Regisseur - hat den Übergang vom Natur zum Theatergeist am vollkommensten vollzogen. Spielt jede Rolle - ist daher vielleicht auch Abbild Zettels - verliert aber manchmal den Überblick, verzettelt sich.
    Anders als Oberon und der Rest der Elfen weiß er, warum sie am Theater sind und wem sie das zu verdanken haben - ihm nämlich. Ob der immer gleichen alten Zankrituale oder Oberons unbeholfenes Versuchen, in seine Regie einzugreifen, kann er nur die Augen rollen - lässt Oberon aber die Illusion, immer noch König zu sein.

  • Hermia
    Die Starke Frau - Von Anfang an wehrt sie sich dagegen, nur Abziehbild im Kopf der Männer zu sein. Sie weiß zwar nicht, was ihr den Mut verleiht, so vor dem Herzog und ihrem Vater zu sprechen, aber Mut hat sie. Und so widerspricht sie den Mächtigen, zweifelt an der Aufrichtigkeit ihres Geliebten, verteidigt ihre unschuldige Eigenständigkeit gegen sein Zudringen, beißt, kratzt, spuckt, schimpft, reißt sich die Kleider vom Leib. Soviel Mut und Einsatz muss belohnt werden.

Die drei werden am Schluss den meisten Applaus kriegen.

Eingebettet sind sie natürlich in ihre jeweiligen Gruppen
  • Handwerker
    Schön wäre hier eine freundliche Satire auf das Amateurtheater, uns also. Wir kennen ja unsere Zettels - aber auch den schüchternen Schnock, der nur auf der Bühne ein Wort herausbringt, den jungen Flaut, der auchmal einen erwachsenen Helden spielen will, den Intendanten Squenz, der nur mühsam seinen Hauptdarsteller kontrollieren kann. Finde ich grade auch im Hinblick auf die Premier zu den Theatertagen reizvoll

  • Elfen
    Selbst unsere Theaterelfen sind antiquiert. Kein Mensch denkt bei Elfen noch an die wirkliche Natur, immer nur an Romane, Bilder, Filme von Tolkien, Fuselli, Jackson. Unsere Elfen sind Theater - sie leben auf, hinter, unter der Bühne, sie kleiden sich aus dem Fundus und spielen ihre eigenen Stücke mit sich selbst und den Träumen der Zuschauer.

  • Liebhaber
    Die Schönen, die Partygesellschaft - so wie Otto Normalzettel das aus dem Goldenen Blatt kennt: Wechselnde Beziehungen, Drogenprobleme (?), hübsche Mädels, die mit dünner Stimme dümmere Liedchen trällern, kernige Jungs, die, wenn sie wollen, jede haben können, oder? Viel falscher Glamour, aus dem Hermia sich zu befreien auch nachvollziehbar wollen muss.

  • Hof
    Hier ist Zettels Traumwelt am radikalsten; hier will niemand ausbrechen, wir sehen nur Zettels Vorstellung von der Welt der Mächtigen. Das soll Satire werden - all die Bilder von den Grimaldis, Windsors und natürlich unserem Welfen (bin ich froh, das der hier nicht mehr in der Thronfolge ist).


Das ist schon ein gerüttelt Maß an Inszenierung - und ein sehr gutes Stück Arbeit. Und alles nur aus dem "Zettels Traum" Ansatz motiviert - willst du da wirklich noch mehr drin haben?

3 comments:

Günter hat gesagt…

hach, die herrliche rhetorische Frage am Ende des Artikels ...

lässt mich sogar meinen Kommentar zum vorangehenden Artikel vergessen.

Ich werde hierzu erst einmal nicht mehr schreiben, sondern das Stück unter diesem Blickwinkel neu lesen. Ich befürchte, dass viele Passagen sich dem querstellen - es ist generell ja nicht leicht, Hauptfiguren des Stückes zu Nebenfiguren zu inszenieren ...

Nach der Lektüre hier mehr

FitzLade hat gesagt…

Ich glaube nicht, dass da so viele Passagen quer stehen - wenigstens einer der drei ist eigentlich immer auf der Bühne oder doch zumindest indirekt einbezogen (so zum Beispiel am Beginn der Streitszene, als Hermia zwar nicht anwesend, doch aber Gegenstand des Dialogs ist).
Nur halt Oberon und Titania sperren sich - ich hab das Problem Daniel vorgelegt und um Hilfe gebeten: mal sehen was da so kommt.

FitzLade hat gesagt…

Vielleicht sehen wir (sehe ich) das ganze auch zu strikt geteilt. Ja, die Handwerker proben im Theater und nicht im Wald - aber die 'Traumgestalten' wissen davon ja nichts. Theseus ist natürlich in seinem Palast, die Liebhaber streiten sich natürlich im Wald.

Wir haben also drei Realitäten: das Theater, Zettels Traum, der Athener Wald. Und nur Puck sieht alle Ebenen gleichzeitig.

Ich ging bisher davon aus, dass das dann auch für die anderen Elfen gelten müsste - muss es das denn wirklich? Meine Theorie, derzufolge Elfen heutzutage ja nur noch in Träumen und auf dem Theater existieren, muss ja nicht beinhalten, dass das allen Elfen auch bewusst ist...

Oberon und Titania sind also wirklich und sowieso im Wald - und die Liebhaber sinds, weil sie ja in Zettels Traum von Puck erzählt werden. Und Zettel träumt erst sich in eben diesen Wald und dann seine ganze Truppe an des Herzog Hof.

Ähnlich dem Übergang vom Theater zum Traum am Ende der 1. Handwerkerszene brauchen wir also eine Übergang vom Traum zum Wald. Die logische Stelle ist natürlich die 1. Elfenszene - hier können Puck und 1. Elf den Wald als Traumkulisse auf dem Theater entstehen lassen.