Über uns...

Dieses Blog diente der Vorbereitung einer Inszenierung - hier tauschen sich die Beteiligten über ihre Sichtweise des Stücks, die Ideen zur Inszenierung, die Probleme mit dem Text und anderes mehr aus.

Leider ist dies Inszenierung bis auf weiteres verschoben. Daher hier erstmal nichts neues.

Sonntag, 14. Januar 2007

Blinder Fleck?

Oberon und Titania mal wieder...

In Elfengezänk hatte ich postuliert, dass Oberon und Titania sich in das bisherige Konzept nicht so richtig einfügen wollen. Bei genauerer Betrachtung ist das Problem aber noch gravierender: Sie kommen im jetzigen Konzept nicht vor.
Das geht natürlich nicht.

Zunächst eine Zusammenfassung der Elfenszenen unter besonderer Berücksichtigung der Funktion der Szenen im Stück.

  • II.1 (Erste Elfenszene)
    Wir erfahren zunächst von dem Streit zwischen Oberon und Titania und dessen Ursache in der Entführung des indischen Knaben. Im zweiten Teil der Szene wird Puck vorgestellt. Hervorgehoben werden seine Eigenschaft als Gaukler Oberons und sein Talent, durch Veränderung der Stimme oder Gestalt Leute in die Irre zu führen.
  • II.2 (Streitszene Oberon - Titania)
    Zunächst der Grund für die Anwesenheit sowohl Oberons als auch Titanias: Beide wollen sie zu Theseus Hochzeit - dabei erfahren wir, dass es zwischen Elfenherrschern und Hofgesellschaft auch in der Vergangenheit regen Kontakt gab.
    Sodann Schilderung der Auswirkungen des Streits auf die Natur, Missernten, Überschwemmungen, Kälteeinbrüche etc.
    Die Forderung Oberons nach dem indischen Knaben lässt Titania die Geschichte dieses Knaben und seiner Mutter erzählen.
    Oberons Plan mit der Blume, die Geschichte dieser Blume und der Auftrag an Puck, diese zu besorgen.
  • II.4 (Die Blume)
    Nachdem Oberon die Auseinandersetzung zwischen Helena und Demetrius belauscht hat, verspricht er Helena Hilfe. Puck erscheint mit der Blume und Oberon erklärt weitere Details seines Plans bezüglich Titania. Puck erhält den Auftrag, Demetrius auch mit der Blume zu verzaubern.
  • II.5 (Titanias Einschlafszene)
    Titania erscheint mir ihren Elflein und nach einem Wiegenlied schläft sie. Oberon kommt um sie zu verzaubern.
  • II.6 (Lysanders und Hermias Einschlafszene)
    Gegen Ende der Szene erscheint Puck und verzaubert irrtümlich (?) Lysander, der ja auch athenische Gewänder trägt.

  • III.2 (Der Eselskopf)
    Puck belauscht die Handwerker bei der Probe und verpasst dem Zettel einen Eselskopf. Daraufhin erwacht Titania und verliebt sich in ihn.
  • III.3 (SPinnweb, Motte &Co.)
    Die Elflein werden gerufen und von Titania angehalten, dem Zettel zu dienen
  • III.4 (Pucks Botenbericht)
    Oberon erfährt von Puck, das Titania sich in einen Esel verliebt hat.
  • III.5 (Pucks Irrtum)
    Hermia und Demetrius erscheinen streitend. Oberon erkennt Pucks Irrtum und schickt ihn, die anderen zu holen, damit die Verwirrung aufgelöst werden kann. Oberon verzaubert derweil den Demetrius.
  • III.6 (Streitszene, erster Teil, noch ohne Hermia)
    Oberon und Puck beobachten.
  • III.7 (Streitszene)
    Oberon und Puck beobachten.
  • III.8 (Nacht und Nebel)
    Oberon weist Puck an, die streitenden Liebhaber zu trennen und dann paarweise wieder zusammenzuführen, um die falschen Zauber aufheben zu können.
  • III.9 (Auflösung)
    Hermia und Helena kommen und schlafen auch ein, Puck löst Lysanders Verzauberung.

  • IV.1 (Titania und ihr Esel)
    Weitere Liebesbezeugungen Titanias und Eseleien Zettels. Oberon beobachtet, berichtet sodann Puck vom Erfolg seines Plans, erlöst schließlich Titania und weist Puck an, selbiges mit Zettel zu tun.

  • V.3 (Schluss)
    Puck verkündet die Mitternacht, Oberon und Titania weisen die Elfen an, die Paare zu segnen und Puck hält seinen Schlussmonolog.

Ich denke, wir sollten drei Handlungsstränge unterscheiden:
  1. Oberons Streit mit Titania
  2. Die Verzauberung der Liebhaber
  3. Die Verzauberung Zettels

Von diesen dreien ergibt sich eigentlich nur Zettels Verwandlung organisch aus dem Theatertraum-Konzept (wobei natürlich die Folgen mit Titania einer Motivation durch 1. bedürfen). Oberons Streit mit Titania ist unabhängig von allen anderern Motiven und Handlungen des Stücks, kann also allein stehen bleiben - vorausgesetzt wir finden einen Grund, warum die beiden ihren Streit ausgerechnet hier im Theater austragen.

Schwierig ist 2. Die Liebhaber sind Traumgestalten Zettels, erzählt vom Puck. Warum greift Oberon ein? Warum verwechselt Puck seine Traumgestalten?

Ich denke, eine Erklärung kann nur in der Beziehung zwischen Oberon und Puck gefunden werden. Und hier ist dann auch der 'Blinde Fleck' aus dem Titel: Nachdem wir uns geeinigt hatten, dass diese Beziehung nicht unbedingt schwul sein muss, hab ich einfach nicht weiter über Alternativen nachgedacht (als ob 'nicht schwul' als Charakterisierung reicht).

Eine Option die sich sowohl mit einigen von Günter geposteten Ideen (in Kleine Dankbare Geste)
Zwischen Oberon und Titania gibt es ebenfalls einen Kampf (ist das ein klassischer Elternkonflikt? Du verweichlichst ihn zu sehr vs. Du fasst ihn zu hart an?)

als auch mit einem Kommentar Daniels zu Metamorphosen
Wobei mir jetzt durch die Synonym/Homophon/Homonym-Kette
(Peter) Pan -> Satyr -> Faun -> Fawn -> Kid -> Child
wieder etwas in den Sinn kommt:
Hatten wir nicht mal darüber gesprochen, dass man Puck als Vorgänger des indischen Knaben sehen könne (ein seinerzeit von Oberon abgeschleppter Knabe)? Oder erinnere ich mich falsch?
Lässt sich ja vielleicht als dramaturgischer Subtext verwenden und passt zu der von dir angesprochenen Vorliebe Zettels für Yellow-Press-Produkte: Madonna holt armes Dritt-Welt-Kind in ihr Engelland.
Dementsprechend wäre Zettels Verwandlung durch Puck eine Parodie oder Replikation dessen, was ihm selber wiederfahren ist (Verwandlung in ein Sex Toy). [Allerdings ohne den Sex-Toy-Aspekt]

in Einklang gebracht werden kann:
Oberon / Puck kann als spätpubertäre Vater-Sohn-Beziehung gesehen werden. Einerseits hat sich Puck schon verselbständigt, führt Regie im eigenen Traum, im eigenen Theater. Der Alte kapiert das nicht, zieht seinen üblichen Stiefel mit Natur &c. durch, lässt sich aber herab, doch mal zu sehen was Junior so macht und hat gleich tausend Verbesserungsvorschläge. Und Puck will natürlich Oberons Anerkennung und versucht es ihm Recht zu machen.
Andererseits wird Puck in Oberons Gunst gerade durch den jungen Inder verdrängt - und dagegen rebelliert er (wenn auch vielleicht unbewusst). Daher die Sabotage der Pläne Oberons mit den Liebhabern, daher das Einmischen in Titanias Verzauberung indem er Zettel ins Spiel bringt.
Der zentrale Konflikt ist also nicht 'coming out' sonder 'coming of age' für Puck. Die Versöhnung am Ende könnte vielleicht so aussehen, dass alle Elfen sich gemeinsam Pucks Theatertraumtheater (Pyramus und Thisbe) ansehen - vom Zuschauerraum auf der Bühne.

Mehr dazu dann Dienstag

3 comments:

Günter hat gesagt…

Ganz kurz zum letzten Teil: "if we shadows have offended" von Puck zu seinem Elfenpublikum gesprochen? Könnte mir gefallen ... wilde Ideen grad, aber noch nichts spruchreif: verlassen alle indigniert den Saal und Puck ruft den Text flehend hinterher? Ist es eine Art "Publikumsbeschimpfung" / Schlussabrechnung? Auf jeden Fall könnte es ein Moment größter Zärtlichkeit sein (now and forever: ich will Kitsch im MND!) - mit Oberon? Mit 1. Elf? Mit sich selbst? (Zu letzterem der MND von damals, wo Puck die Blume, den Eselskopf zusammensammelt ...)

FitzLade hat gesagt…

Gefällt mir sehr gut - und definitives JA zum Kitsch

FitzLade hat gesagt…

Moment größter Zärtlichkeit für Puck? Mit Zettel natürlich!